Geschichten aus unserem Landkreis
Erklärung
Die Interviews wurden von Ute Claßen (Mehrgenerationshaus Alte Schule e.V.) und Theresa Habich- Lerch (Kreisverwaltung Waldeck-Frankenberg, Fachstelle Migration und Integration) geführt. Die Anrede der interviewten Personen variierte zwischen „Du“ und „Sie“, abhängig vom individuellen Vertrauensverhältnis. Die Interviewaussagen stellen Momentaufnahmen und Auszüge aus längeren Gesprächen dar. Um die Lesbarkeit und Verständlichkeit zu erhöhen, wurden die Transkripte der Interviews nicht nur gekürzt, sondern auch sprachlich angepasst.

Herr T. aus Bad Wildungen, geboren in Eritrea
Herr T. stammt aus Eritrea und lebt seit zehn Jahren im Landkreis Waldeck-Frankenberg. In seiner Freizeit spielt er gerne Fußball, fährt Fahrrad und geht schwimmen. Außerdem engagiert er sich gerne ehrenamtlich. Zurzeit arbeitet er als Krankenpfleger[helfer].
Was war dein erster Eindruck, als du in den Landkreis Waldeck-Frankenberg gekommen bist?
Mein erster Eindruck war am Anfang, wisst ihr, wie rausgeschmissen [worden zu sein]. Du bist alleine. Was mache ich jetzt? Wie geht es weiter? Und nach kurzer Zeit haben wir aber – Gott sei Dank – ehrenamtliche Hilfe bekommen oder gefunden. […] Haben sie uns geholfen, haben mit uns Deutschkurs gemacht. Nach kurzer Zeit haben wir dann unseren Weg gefunden, sozusagen. […] Wie gesagt, du kommst und du weißt nichts, was du machst und keine Sprache. Also, du bist ja wie
taub. […] Du kannst mit niemandem reden. […] Die nächste Frage war
auch, ob ich hier in Deutschland bleiben kann. [Da] hatte ich halt die Angst […], ob ich wieder zurückgeschickt werde.
Wie hast du neue Kontakte geknüpft? Wie hast du dich in die Gesellschaft integriert?
Am Anfang, wo ich hier gekommen bin, war ja alles wie geschlossene Tür. Keine Sprache, nichts, keine Freunde. Und dann haben wir Frau C., Frau R., Frau M. haben wir die kennengelernt. In einem Monat ungefähr. Dann haben sie mit uns Deutschkurs, also Sprachkurs, angefangen. Und dadurch haben wir dann auch andere Freunde gefunden, die Kinder von Frau C. zum Bei- spiel. Dann haben wir mit ihnen Fuß- ball gespielt und waren Schwimmen. Bei der evangelischen Kirche, da haben wir immer freitags [Fußball]-Kicker gespielt, gekocht. Dann haben wir also richtig Anschlüsse gefunden und Freunde.
Gibt es einen persönlichen Erfolg oder einen Meilenstein, was du seit deiner Ankunft im Landkreis erlebt hast?
Mein persönlicher [Erfolg beruht], würde ich sagen, [auf denen], die uns am Anfang geholfen haben die Grundsprache kennen zu lernen und in Deutschland anzukommen. [Da] haben uns wirklich die ehrenamtlichen Leute viel geholfen. […] Ich arbeite jetzt als Krankenpfleger[helfer] und möchte demnächst dann mein Aufbaukurs als Krankenpfleger machen.
Gibt es etwas, was du besonders schätzt oder was dir hier in der Gegend besonders gefällt?
Also was mir hier in der Gegend besonders gefällt, ist die Leute, die alle bis jetzt freundlich waren und hilfsbereit. Und dadurch haben wir auch viele Freunde gefunden und durch Freunde auch die Sprache.
Was wäre dein Wunsch gegenüber der Mehrheitsgesellschaft, um Integration zu vereinfachen, damit es besser klappen kann?
[…] Deutschland hat uns Schutz gegeben. Deswegen muss man immer vernünftig und freundlich mit den Leuten sein, wie alle anderen Menschen auch. Wenn wir alle freundlich und zusammenhalten oder zusammenbleiben, dann wird in dieser Welt […] auch kein Krieg, kein Hass, kein Alles gegeben. Einfach alle Menschen zusammenbleiben, zusammenfinden, also gegenseitig helfen. Wie die Leute am Anfang uns geholfen haben. Wenn jeder jeden hilft, dann wird alles gut.

Herr K. aus Korbach, geboren in der Ukraine
Herr K. ist 24 Jahre alt und lebt derzeit in einer Einzimmerwohnung in Korbach. Im Jahr 2022 flüchtete er aus der Ukraine nach Deutschland. Seine Familie wohnt in Moldawien. Herr K. repariert gerne elektronische Geräte wie Laptops, fotografiert leidenschaftlich und spielt auf seiner PS4.
Wie hast du Deutsch gelernt?
Selber zu Hause oder wenn ich im Camp [Wohn- quartier] war. Auch habe ich bei USB-Schule [einen Integrationskurs gemacht.] Ich hatte eine gute Lehrerin. Sie ist auch aus der Ukraine. Sie war dort geboren, aber sie ist in Deutschland mehr als zehn Jahre. […] Sie gibt jeden Tag eine Menge Hausaufgaben. […] Das war super. Waren die Momente, wenn es war ärgerlich für mich, weil so viel Hausaufgaben, aber es war super und es war richtig. […]
Was für Wünsche hast du für die Zukunft?
Meine Wünsche sind B2 Niveau auch zubekommen und danach eine Ausbildung […] [zu beginnen]. Am Montag war ich bei einer Elektronik Firma in Korbach. Ja und ich habe mich bei Herr T. vorgestellt, aber er hat gesagt, dass es lieber so wäre, wenn ich B2 Niveau bekomme und danach im weiteren Jahr, ich dann eine Ausbildung anfangen kann. […]
Also bist du ehrenamtlich aktiv und hilfst LKWs mit Hilfsgütern für die Ukraine zu beladen?
[…] Ich helfe als Freiwilliger, weil es ist wichtig. Es ist alles, was ich tun kann. Jetzt. Ja, aber ich würde nicht Waffen benutzen, weil für mich ist es [schrecklich]. […] Ich kann nicht die anderen Menschen töten. […] Es ist für meine Psyche sehr schrecklich. […] Ich würde gern hierbleiben. Es ist für mich wichtig, hier zu bleiben. […] ich habe nichts in die Ukraine. […] Ich musste eine Strafe bezahlen, weil ich habe aus der Ukraine nach Moldawien nicht [den offiziellen Weg genutzt]. Es ist schrecklich, aber es ist mein Leben. […] Krieg ist gefährlich. Gefährlich für alle. […]
Was möchtest du noch gerne sagen?
[…] Für dich und für alle deutschen Bürger, dass ich bedanke mich bei euch. Es war sehr, sehr wichtig und es ist sehr wichtig für mich und ich glaube, dass ich ein guter Spezialist [als Elektroniker] wäre und ich helfe auch den anderen Leuten, nicht nur den deutschen Bürgern, sondern auch den Leuten aus anderen Länder. Und ich bedanke mich bei euch. […] Vielen Dank.

Frau A. aus dem Südkreis, geboren in Pakistan
Frau A. ist 30 Jahre alt und seit 10 Jahren verheiratet. Sie wurde in Pakistan geboren und kam 2003 mit ihren Eltern und Geschwistern nach Deutschland.
Als erstes würde ich dich bitten, ein- fach etwas von dir zu erzählen. Wer bist du?
[…] Meine Identität ist viel[fältig]. Das bedeutet, dass ich einen migrantischen Hintergrund habe, aber die meisten Lebensjahre […] habe ich hier in Deutschland verbracht. Noch etwas, was mich ausmacht, ist, dass ich eine Muslima bin und auch, dass mein Aussehen, also mit Kopftuch, mich, meine Identität ziemlich stark bildet […].
[…] Also hatte die religiöse Gemeinschaft, in der ihr hier lebt, auch einen Teil dazu beigetragen und deine Tätigkeiten in der Gemeinde, dass du dann aktiv auf andere Religionsgemeinschaften zugegangen bist?
Also auf jeden Fall hat die Arbeit im interreligiösen Dialog in unserer Gemeinde dafür gesorgt, dass ich mit Menschen in Kontakt komme, die ich hier überhaupt nicht kannte. Aber auch zum Beispiel durch die Nachbarschaft, wo ich auf der Straße einfach mit Fremden ein Gespräch anfange und sie dann immer wieder sehe. Das zeigt sich schon im Alltag, wenn man Personen begegnet und man denkt, man hat ein Vertrauen aufgebaut. Dadurch hat man dann bessere Verbindungen.
Wenn du jetzt an dich selbst denkst, was waren für dich deine Meilensteine?
[…] Als ich realisiert habe, dass ich Deutsch spreche und als junge Person schon ziemlich viel Büroarbeit für meine Eltern erledigen musste, habe ich es verstanden. […] Also für mich war das eine Bereicherung, weil ich wusste, wie dann die Behördengänge funktionieren, wie das geht, dass ich meine Eltern unterstützen kann. Das liegt nicht daran, dass meine Eltern kein Deutsch lernen möchten oder wollen. Die versuchen, die versuchen wirklich richtig Deutsch zu sprechen. Aber die haben nur Angst, irgendwas Falsches zu sagen oder quasi ausgelacht zu werden, wegen dem Akzent oder so und des- wegen haben die uns als Kinder mal vorgeschickt oder bzw. halt mitgenommen. […]
Zweiter Meilenstein würde ich sagen, […] war für mich mein Fachabitur. […] Dritter Meilenstein für mich ist auf jeden Fall, hier im Dorf im südlichen Land- kreis angekommen zu sein, weil mich jetzt auch Leute kennen und auch wissen, okay, wenn wir irgendwelche Vor- urteile haben, dass ich dann mit der Person, also mit mir, reden können und zwar ohne irgendein schlechtes Gewissen zu haben. […]
Was wünschst du dir für die Zukunft, für dich und deine Familie?
Ich wünsche mir, dass meine Kinder es in der Zukunft leichter haben. Meine Kinder sind nicht weiß, die sind braun, aber die waren nicht in Pakistan gewesen. […] Wir fühlen uns nicht mehr mit Pakistan identifiziert, sondern mit Deutschland. […] dass unsere Kinder [es] dann halt einfacher haben und nicht mit diesen Vorurteilen von Anderssein konfrontiert werden, sondern gleiche Chancen haben wie jeder. Und dass man versucht, Rassismus zu bekämpfen, indem man zueinander geht […] und dann ja die Klischees bricht.
Und was wäre dein Wunsch an die Mehrheitsgesellschaft, damit Integration einfacher wird?
Ich glaube, Integration beruht […] so- wieso auf beiden Seiten. Also die Gesellschaft muss akzeptieren, dass andere Personen kommen und kommen werden. […] Es wird nicht von heute auf morgen keine Migration mehr geben.
Herr A. aus dem Südkreis, geboren in Deutschland
Herr A. ist 33 Jahre alt und verheiratet. Er wohnt und arbeitet im südlichen Teil des Landkreises. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit seiner Familie.
Kannst du mir etwas über dich erzählen?
[…] Ich bin ein Kind des Landkreises. Und das sind meine Eltern indirekt auch. Denn mein Vater, der ist quasi eingewandert aus Pakistan, damals Ende der 80er Jahre und ist direkt hier in den Landkreis gekommen, nachdem er natürlich in Gießen war in der Erstaufnahmeeinrichtung. Danach ist er hierhin gekommen und seitdem sind wir in diesem Landkreis verwurzelt. […]
Wenn du an dein persönliches Leben denkst, was würdest du sagen, waren Meilensteine in deiner Biografie?
Was auf jeden Fall groß war, waren diese zehn Monate beim Bund. Die waren sehr wichtig. Sie waren gut. Das war die erste Zeit, wo ich mal länger am Stück nicht zu Hause war. Das war sehr einprägsam und auch gut für die Entwicklung. Dann der Abschluss des Studiums. Das war ein großer Schritt, weil dann ging es ins Arbeitsleben. […] Das sind so die Punkte. Und dann natürlich jede einzelne Veranstaltung, die wir im Rahmen unserer Religionsgemeinschaft [veranstalten]. Das ist immer ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Verständnis [für die religiöse Vielfalt]. […]
Wenn du an dich selbst denkst und an deine Zukunft oder die die Zukunft deiner Familie, was wünschst du dir?
Vor allen Dingen Offenheit. Dass, wenn man äußerlich oder auch von ein paar kulturellen Gegebenheiten oder [religiös] anders ist, dass das akzeptiert wird, dass man nicht diskriminiert wird, dass das so bleibt. Im Landkreis ist, […] bisher die Offenheit ziemlich groß gewesen, zumindest an den Schulen. Es gibt vereinzelt immer Sachen, die aufkommen, aber das kann man immer ansprechen. Sicherheit, Offenheit, dass die Kinder sich wohlfühlen, dass sie ihren Weg gehen können, dass sie keine Grenzen aufgesetzt bekommen wegen ihrer Andersartigkeit, dass sie trotzdem offene Türen haben. So das zu machen, was sie möchten. […]

Herr M. aus Korbach, geboren im Iran
Herr M. stammt ursprünglich aus dem Iran, ist 37 Jahre alt und lebt seit 12 Jahren mit seiner Familie in Korbach. Beruflich ist er als Fliesenleger tätig. In seiner Freizeit erstellt er Videos für YouTube und TikTok.
Als Sie das erste Mal nach Waldeck-Frankenberg gekommen sind, was war Ihr erster Eindruck?
[…] Ich habe mich hier wohlgefühlt, sicher gefühlt. Also am ersten Tag, dass ich bin hier in Waldeck- Frankenberg im Kreishaus. Also ich habe mich erstmal fremd gefühlt. Keine Sprachkenntnisse, keine Freundschaften, kein Freundeskreis. Und meine Frau war schwanger. Ich habe gedacht, „Oh man, was soll ich machen? Wie soll ich mich entwickeln? Wie Geld [verdienen] und [wie wird es] aussehen, ne?“ Und ja nach und nach […] habe ich gemerkt, das wird besser. […] Ich war hier und da. Ich habe an einem Sprachkurs teilgenommen. Dann habe ich eine Ausbildung angefangen und nach und nach war alles schön. Und die Leute hier in Waldeck-Frankenberg sind sehr nett […]. Ich war an jeder Ecke. Dann habe ich mich einfach sicher gefühlt und wohl gefühlt. […]
Und gab es Unterstützung, die Sie hier von Leuten erfahren haben?
Ja. […] Der erste war also die Unterstützung der Lehrerin. […] Das ist eine nette Frau. […] Wegen der Sprache, wegen dem Lernen zu Hause und so. Wir haben immer noch Kontakt. Das war sehr, sehr gut. Viel Gutes ist durch sie zu uns gekommen. Und natürlich Frau G., auch wenn wir [als Familie] was hatten, hat sie uns gerne geholfen.
Und was waren die größten Herausforderungen oder Schwierigkeiten am Anfang?
[…] Erstmal die Sprache lernen. Aber ich habe Sorge von meiner Zukunft und ich habe so gedacht, dass ich kann nicht schaffen. Schwierige Sprache. Fremdes Land und keiner, keiner ist verwandt. Das ist auch schwierig. Das war wirklich schwierig. Ja, ohne Unterstützung, ohne Familie, ohne Eltern. Keiner von dir da sind. Und du musst alle diese Lasten alleine tragen. Meine Frau, das Baby, neugeborenes Baby. Keine Sprache, kein Geld, keine Arbeit, keine Arbeitserlaubnis. Das war eine heftige Zeit für mich.
[…] Ich wollte von Anfang an alles anfangen. Also mindestens Sprachkurs. Und ich weiß nicht warum, aber die hatten mich nicht zu gelassen, weil ich war Asylbewerber. Und das war der schwierigste Moment für mich. Und ich habe fast vier Jahre Zeit verloren. […] Also kommt mein Aufenthalt 2016. Sprachkurserlaubnis und Arbeitserlaubnis. Ich konnte entscheiden, ob ich lernen oder arbeiten möchte. Ich habe Lernen, also Sprachkurs und Lernen aus- gewählt, weil die Sprache ist wie ein Schlüssel. […] Ein Sprachkurs in jedem Land ist wie ein Generalschlüssel. Mit dem kannst du alle Türen öffnen. […] Man muss immer dranbleiben. Kopf hoch! Nach vorne. Weiter, weiter! Das ist nicht einfach. […] Wenn du kein Ziel hast, du bist nichts.
Gibt es noch irgendwas, was Sie gerne den Menschen im Landkreis sagen möchten?
Ich wünsche mir einen Tag […] dass egal welche Hautfarbe [man] hat, egal welche Mentalität ist oder [aus] welchen Länder ist, alle zusammen mit Freude sind. […] Also das ist wirklich peinlich, wenn ein Mensch gegen andere Mensch ist. […] Menschlichkeit ist wichtig. Ein Mensch muss Menschlichkeit und Respekt haben. Wenn eine ist nicht gut. Ignorieren. Fertig. […]

Frau L. aus dem Nordkreis, geboren in Kasachstan
Frau L. ist in Kasachstan in einem kleinen Dorf geboren. Sie hat studiert und ist 2000 mit ihrer Familie nach Deutschland ausgewandert. Die Oma von Frau L. stammt ursprünglich aus Deutschland.
Wie war dein erster Eindruck von Waldeck- Frankenberg?
[…] Und man muss sich das vorstellen, dieses Gut [Unterkunft] liegt so zwei Kilometer von Bad Wildungen, so ein bisschen so im Feld. Das ist ja schön. Alles malerisch, aber du bist so ein bisschen abgeschnitten von dem Rest der Welt. Und da weiß ich noch, ich habe auch ge- sagt, ich bin nach Deutschland gekommen, kenne aber keinen außer der Familie P., die uns dann aufgenommen hat. Aber das ist mir zu wenig. Ich möchte Leute kennenlernen. Also ich bin schon fast so weit gewesen, so eine Anzeige abzusetzen. Ich suche Freunde. […] Im eigenen Saft weiter zu kochen, das ist nicht der Sinn, wenn man, wenn man schon in ein Land gekommen ist, da muss man auch von diesem Land ein Teil werden, wenn man hierbleiben möchte. Und man kann nur ein Teil werden, in- dem man aktiv an dem Leben teilnimmt. Man muss einen Platz finden, wo man sich gut fühlt. […] Also man fängt immer mit der Sprache an, das ist wichtig. Also Sprache muss. Es ist einfach ein Muss.
Und gab es Reaktionen oder Menschen, die dir misstrauisch begegnet sind?
Natürlich, jeder hat so eine blöde Begegnung mal, aber wie gesagt, es ist immer ausgeglichen gewesen durch Menschen, die zu dem Zeitpunkt um mich herum waren, die so nicht gedacht haben. Ich konnte mich austauschen. […] Du kommst an. Am Anfang, weißt du nicht, wie ist das hier? Sind die Leute überhaupt erwünscht oder sind sie gar nicht mehr er- wünscht? Und du bist ja eingeladen worden. […]
Wenn du jetzt an deine Gegenwart oder dei- ne Zukunft denkst, was wünschst du dir?
[…] Gesundheit und natürlich gute Menschen um dich herum und dass es deinen Men- schen, die du liebhast und deinen Freunden
und der Familie auch gut geht. Dass du nur Gu- tes hörst, dass was Gutes passiert mit diesen Menschen. Das bringt dich auch weiter. […]

Frau B. aus Bad Wildungen, geboren in Syrien
Frau B. lebt seit 10 Jahren mit ihrer Familie in Deutschland. In Syrien war sie 17 Jahre als Biologielehrerin tätig. In ihrer Freizeit kocht Frau B. gerne, geht in der Natur spazieren oder verbringt Zeit mit ihrer Familie.
Was war dein erster Eindruck von Waldeck-Frankenberg?
Mein erster Eindruck war so eine Mischung zwischen Freude und Angst. Freude war als wir nach Deutschland gekommen sind, war alles schön grün. Das brachte Optimismus. Meine Familie war dabei, wir waren zusammen – kein Krieg. Aber trotzdem hatte ich Angst, vor [dem] was kommt.
Wie würdest du deinen Alltag beschreiben?
Ich arbeite als Erzieherin in einer Kita. Ich habe hier in Deutschland eine Erzieherausbildung in Kassel beim Fröbelseminar gemacht. Ich arbeite in der Kita 35 Stunden [pro Woche] und da- nach verbringe ich Zeit mit meiner Familie. In der Kita unterstütze ich mein Team bei der Übersetzung, […] da viele Familien aus Syrien und aus arabischen Ländern da sind.[…] Und viele Familien verstehen kein Deutsch oder können kein Deutsch. Deswegen unterstütze ich diese Familien und die Kinder auch und das freut mich sehr.
Welche Herausforderungen hast du bei deiner Ankunft hier in Waldeck- Frankenberg erlebt?
Am Anfang sind wir in einem Dorf geblieben, so 3,5 Monate […]. Dort gab es kein Internet und unsere Kinder brauchten das sehr. Und es gab auch keine Möglichkeit, nur ein Bus, der um 6:30 Uhr fuhr. Und das war ein bisschen schwierig für uns und für die Kinder. Außerdem meine beiden Töchter sind in der Schule direkt in die Klasse gegangen, in elfte Klasse und neunte Klasse, ohne einen Deutschkurs zu machen. […] Am Anfang wollte ich auch hier als Lehrerin arbeiten, aber ich konnte das nicht, weil ich meine Zertifikat-Anerkennung machen sollte. […] Damals gab es auch keine Unterstützung beim Übersetzen und wir sollten auch […] so lange warten, bis meine Schwägerin Zeit hatte, damit sie auch mit uns kommen kann. […] Ja, wir haben viel gelitten. Am Anfang war es schwierig, aber Gott sei Dank – wir sind jetzt gut angekommen.
Kannst du mir von einem persönlichen Erfolg oder einem Meilenstein berichten, den du seit deiner Ankunft vor zehn Jahren im Landkreis erlebt hast?
[…] Als ich mit meiner Ausbildung an- gefangen habe, war ich 48 Jahre alt. Das war nicht einfach für mich, aber ich wollte etwas in Deutschland machen und arbeiten, damit ich auch […] in der zweiten Heimat so aktives Mitglied oder aktive Person sein kann.
Welchen Wunsch hättest du gegenüber der Mehrheitsgesellschaft, die schon lange in Deutschland lebt?
[…] Es kommen viele Leute, die hoch ausgebildet sind und es wäre viel besser, wenn Deutschland ein bisschen Chance für diese Leute bietet. Damit die Leute auch vielleicht Praktikum oder Probearbeit machen können. […] Dann kann Deutschland von diesen Erfahrungen profitieren. […]